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Der frühzeitge Ausstieg aus den Bergen

  • von AnNa
  • 05 Okt., 2019

Wie schon im Beitrag davor erwähnt, haben Andreas und ich uns dazu entschieden aufgrund der Schneeverhältnisse frühzeitig aus den Bergen auszusteigen.
Als wir an diesem sonnigen Morgen aufwachten, lag eine eigenartige Stimmung in der Luft. Andreas und ich waren etwas nervös, was die heutige Etappe angeht. Denn bis zum Ausstieg sind es 31 Kilometer, die wir definitiv nicht an einem Tag schaffen werden. Also müssten wir irgendwo dazwischen eine Zeltübernachtung einlegen. An einer Übernachtung im Zelt ist nichts schlimmes dran, schließlich haben wir die letzten Monate oft im Zelt geschlafen. Sorgen bereitete uns nur der Schnee und die kalten Temperaturen. Würden wir einen geeigneten Zeltplatz finden? Wie kalt wird es die Nacht? (Wir haben uns zwar einen Bereich in der Karte schon markiert, aber ob der wirklich gut ist, sehen wir erst vor Ort)

Nachdem wir unsere Rucksäcke gepackt hatten, gefrühstückt hatten und die Hütte besenrein verlassen hatten, atmeten wir tief durch bevor wir uns auf den Weg machten. Schon nach ein paar Metern, kamen wir an einen großen Fluss an. Wir hielten Ausschau nach einer Stelle, wo wir den Fluss mit unseren Schuhen passieren könnten. Leider fanden wir keine, da entweder das Wasser an der Stelle zu tief war oder die Steine zu weit auseinander lagen. Also mussten wir die Schuhe ausziehen.

Da der Fluss an einigen Stellen schon mit einer dünnen Schicht zu gefroren war, mussten wir mit Steinen und unseren Stöcken den Weg frei machen. Wir beeilten uns dabei, denn je länger wir in dem Wasser standen um so schmerzhafter wurde es für unsere Füße. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie kalt das Wasser war. Wir hatten das Gefühl, als ob jemand mit unendlich vielen kleinen Nadeln immer wieder auf unsere Füße einstach. Das war unsere kälteste Fluss Durchquerung. Wir waren so froh, als wir auf der anderen Seite ankamen. Sofort wurden die Füße wieder trocken gemacht und in Socken und Schuhe verpackt. Es dauerte eine ganze Weile, bis wir uns wieder warm gelaufen haben.

Wir achteten besonders darauf nicht unbedingt so viel Schnee mitzunehmen oder auf den Schuhen zu haben, denn eine Trockenmöglichkeit hatten wir für diesen Abend nicht. (Unsere Schuhe hatten wir zwar vorher noch einmal gut mit Wachs eingerieben, aber sicher ist sicher)
Der Wanderweg verlief einige Kilometer im flachen Gelände auf einer Quadspur unter anderem auch an einem See vorbei, wo wir eine Pause einlegten. Hier genossen wir den Blick auf dem Wasser und die Schneebedeckten Berge.

Nach unserer Pause mussten wir wieder einige Höhenmeter hinter uns bringen. Bis jetzt hatten wir eigentlich relativ Glück mit dem Schnee gehabt, da er durch die Sonne schon zum Teil getaut hatte oder an manchen Stellen sogar geschmolzen war. Trotzdem hatten wir immer noch etwas Angst, ob wir eine geeignete Stelle für unser Zelt finden würden, denn wir wissen ja nicht wie es hinter dem Berg aussah, der noch vor uns lag. Wir waren erleichtert, als wir das Plato erreichten. Nur noch einzelne Schneefelder waren zu sehen und ansonsten war der Herbst hier noch im vollen Gang. Wir kamen unserem heutigen Tagesziel immer näher, es waren zwei Seen, die zwischen zwei Berggipfel lagen und laut Karte nicht so hoch lagen. Auf den Weg dorthin sahen wir in der Ferne auf einmal einen Polarfuchs, der uns entgegen kam. Plötzlich blieb er stehen und schaute uns an. Bis wir allerdings mit der Kamera soweit waren, hat der Polarfuchs schon längst die Flucht ergriffen. Schade. Aber die Erinnerung, die bleibt und wird feste in unseren Köpfen verankert. :)

Wir erreichten unseren markierten Zeltplatz und waren zufrieden. Hier hatten wir genug Möglichkeiten unser Zelt aufzustellen. Wir suchten uns eine schneefreie Stelle und beeilten uns mit dem Zeltaufbau. Denn die Sonne ging langsam unter und es wurde frischer. Schnell wurde noch ein Foto gemacht, bevor wir es uns in unserem Zelt gemütlich machten.


Die Sorgen, ob wir einen geeigneten Zeltplatz finden würden oder ob wir die Nacht frieren würden waren zwar berechtigt aber zu unserer Überraschung, hat alles super geklappt. Obwohl es die Nacht geschneit hat, war uns nicht kalt gewesen. Vielleicht lag es aber auch daran, dass wir vorsorglich alles warme an hatten was wir dabei hatten.

Das gute Wetter war allerdings verschwunden und es war ziemlich bedeckt und der Wind war ziemlich kühl. Wir packten schnell alles zusammen und sahen zu, dass wir in Bewegung kamen. Es dauerte eine ganze Weile bis uns wirklich warm wurde. Wir ließen die letzten Höhenmeter hinter uns und hatten einen wunderschönen Ausblick.

Je höher wir jedoch noch kamen um so mehr Schnee hatten wir wieder. Der Abstieg wurde dadurch erschwert und wir mussten wieder ziemlich aufpassen da der Schnee pappig und rutschig wurde. Doch auch dass haben wir geschafft und wir kamen wieder in dem Bereich wo der Herbst erst gerade begonnen hatte. Dies merkte man nicht nur landschaftlich sondern auch an den Temperaturen. Schnell wurde uns zu warm und wir fingen an uns von unserem Zwiebelsystem zu befreien. :D

Wir ließen immer mehr Höhenmeter hinter uns und kamen immer näher zur Straße, wo die Zivilisation wieder war. Auf den Weg dorthin mussten wir noch mehrere kleine Flüsse überqueren und einige Kletteraktionen bewältigen. (umgekippte Bäume oder kleine Felswände lagen auf dem Weg). Aber auch der „Sumpf“ wollte uns die letzten Meter noch einmal auf Wiedersehen sagen. :D Und genau in diesem Bereich standen wir auf einmal in einer Rentierherde. Nur langsam setzten wir unseren Weg fort um die Tiere nicht zu erschrecken. Die Rentiere schauten uns kurz interessiert an, bevor sie dann das Weite suchten. 
Kurz bevor wir die Straße erreichten machten wir noch einmal eine letzte Pause an einem Wasserfall. Wir hielten einen Moment inne und lauschten in die Natur. Es war einfach nur schön, dass rauschen vom Wasserfall und das gezwitscher der Vögel zu hören.
Ich kann mich auch gar nicht mehr daran erinnern wann ich zum letzten Mal, den moderigen Geruch von nassen Gräsern, Bäumen und frischen Pilzen in der Nase hatte. Oder wie riesig Bäume sein können. Alles war einem irgendwie fremd aber doch vertraut. Und dann standen wir plötzlich schon auf der Kiesstraße.

Das Gefühl auf der Kiesstraße zu stehen war schon ziemlich komisch, denn so schnell werden wir nicht wieder in die Natur kommen. Etwas traurig waren wir schon und gleichzeitig froh, heile und gesund aus dem Schnee gekommen zu sein. Wir liefen die Straße entlang und hielten Ausschau nach einem geeigneten Zeltplatz. Zwar fanden wir ein paar schöne Stellen, doch das Wasser war dann eher das Problem. Meistens kamen wir nämlich nicht an dem Fluss heran.
Lange konnten wir nicht mehr gehen, denn es fing schon langsam an zu dämmern. Wir kamen an einer Kreuzung an, wo gerade mehrere Jäger zusammen standen und sich unterhielten. Die Elchsaison hatte gerade begonnen und sie waren alle wild darauf einen Elch zu erlegen.
Natürlich blieben wir nicht unbemerkt und kamen schnell mit ihnen ins Gespräch. Wir erzählten ihnen von unserer Tour und das wir auf der Suche nach einem Zeltplatz sind, um dann in den nächsten Tagen nach Storslett zu kommen. Ein Jäger war ziemlich interessiert an unserer Reise und bot uns an mit ihm mitzufahren, da er eh auf den Weg nach Storslett war. Wir stimmten zu und hatten eine ziemlich interessante Autofahrt. Auf der einen Seite wurden wir durchlöchert mit Fragen – auf der anderen Seite haben wir ziemlich viel über ihn, dem jagen und das Leben im hohen Norden erfahren. Er fragte uns auch ob wir Elchspuren gesehen haben – wir verneinten.
Zwar haben wir frische „Elchköttel“ gesehen und auch Spuren doch dies behielten wir für uns.

Er setzte uns direkt am Busterminal ab, an diesem Tag ging sogar noch ein Bus nach Alta wo wir als nächstes hin wollten. Wir bedankten uns bei dem Jäger und gaben ihm noch unsere Blog Adresse. (In der Hoffnung, dass er sich bei uns melden würde, damit wir auch nach seinem Namen haben, denn irgendwie geht dies immer unter).

Da standen wir nun gerade noch in den Bergen gewesen und nun wieder in einer kleinen Stadt. Wir entschieden uns noch heute den Bus nach Alta zunehmen. Bis der Bus jedoch gefahren ist, hatten wir noch ein wenig Zeit und wir holten uns eine Kleinigkeit im nahegelegenen Supermarkt zum essen.


Es war schon spät als wir in Alta angekommen sind. Wir haben noch versucht während der Busfahrt eine Unterkunft zu finden. Leider ohne Erfolg – alles war ausgebucht. Auf unseren Handys schauten wir nach einer Möglichkeit, wo wir unser Zelt aufbauen konnten. Wir liefen also mit unseren Stirnlampen im dunklen durch die kleinen Straßen, bis wir am Wasser ankamen. Dort gab es einen kleinen Grillplatz, eine Unterstellmöglichkeit, eine Toilette und einige Zeltplätze. Wir waren erleichtert und bauten unser Zelt schnell auf. Erst am nächsten Morgen sahen wir überhaupt wo wir genächtigt hatten – und wir müssen sagen, so schlecht war der Platz gar nicht.

Das Frühstück ließen wir an diesem Morgen ausfallen, wir packten alles unter der Überdachung zusammen und sortierten direkt wieder einige Sachen aus, die wir zurück nach Deutschland schicken wollten. Bevor wir uns auf den Weg zum Supermarkt mit der Poststation machten, telefonierten wir noch kurz mit Pauli, die gestern am Nordkap angekommen ist und wünschten ihr alles Gute. Wir haben uns fest vorgenommen uns aufjedenfall in Deutschland zu treffen.
Nachdem wir unser Paket los nach Deutschland geschickt hatten und uns im Supermarkt noch eine Kleinigkeit zu Essen für den Abend geholt hatten, machten wir uns auf den Weg zum Campingplatz wo wir uns am Vorabend ein kleines Zimmer gemietet hatten. Hier wollten wir noch eine Nacht verbringen, um die letzten Tage besser verarbeiten zu können. Denn irgendwie ging dass jetzt doch alles ganz schön schnell. Das Zimmer war klein aber völlig ausreichend.
Es gab eine Gemeinschaftsküche mit einem großzügigen Wohnraum. Die Sanitäranlagen waren auch recht groß und ausreichend. Wir nutzten die Gelegenheit und gingen erst einmal lange und warm duschen.

Danach haben wir uns im Gemeinschaftsraum zusammen gesetzt und überlegten wie wir weiter verfahren sollen. Denn der Nordkapp war jetzt nicht mehr soweit von uns entfernt. Um genau zu sein trennten uns nur noch 230 Kilometer. Wir rechneten aus, wie viele Tage wir noch brauchen würden um am Nordkap zu stehen. Wir kamen auf ca. 15 Tagen – wenn wir jeden Tag nur noch durchlaufen würden ohne einen Ruhetag einzulegen. Für uns war diese Option jedoch leider nicht realisierbar. Zwar hatten wir noch etwas Zeit bis wir abgeholt werden, aber wir müssten ja auch irgendwie noch zurück kommen. Und sollten wir uns die letzten Tage auf der Straße noch so sehr quälen? Die schönen Erinnerungen die wir aus der Natur mitgenommen haben durch die Straße wieder kaputt machen lassen? Doch die wichtigste Frage war eigentlich ob Nathalie es mit ihren Fuß noch soweit schaffen würde. Der Fuß hat die letzten Monate ziemlich viel mitgemacht und auch die letzten Tage hat er durchhalten müssen. Nathalie lief zeitweise mit Schmerzen und spielte diese eher wieder runter, da sie unbedingt den Nordkap erreichen wollte. Doch um welchen Preis? Wir überlegten lange, was wir nun tun sollten…. Bis wir aufeinmal in unseren Gedanken unterbrochen wurden. Plötzlich stand jemand im Gemeinschaftsraum. Wir blickten hoch und konnten unseren Augen kaum glauben. Es war SILVAN !!!!
Wir vielen uns in den Armen. :) Wir hatten uns viel zu erzählen, denn seit wir uns das letzte Mal gesehen haben ist einige Zeit vergangen. Doch Silvan merkte, dass uns etwas beschäftigte und fragte nach. Wir erzählten ihm von den letzten Tagen, wie viel Zeit wir noch haben und welche Möglichkeiten wir jetzt hätten um zum Nordkap zu kommen. Er hörte sich alles in Ruhe an und half uns bei unserer Entscheidung. Es war keine leichte……

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